Das Politische im Persönlichen finden, das wäre mein Ziel. Gerade auch weil mir in diesen Wochen zum wiederholten Male auffällt, wie sehr das politische Geschehen sich meinem poetischen Ausdruck entzieht. Je mehr ich mich mit den gesellschaftlichen, den politischen Geschehnissen befasse, je mehr ich, wie es so schön heißt, die Fakten checke, je mehr und häufiger ich mich allen möglichen Nachrichten- und Informationskanälen bediene, umso mehr werde ich zu einem Teil dieser politischen (John Williams würde sagen: äußeren) Welt. Ich fange an, Worte in meine Sprache hinein zu nehmen, die nicht die meinen sein sollten, ich bin einigermaßen informiert, verenge aber meinen Blick auf Positionen, auf Pro und Contra, auf Falsch und Richtig. Ich werde verunsichert, misstrauisch, immer unruhiger, aufgeputscht und panisch. Ich sehe Kriege, Gewalt, bürgerkriegsähnliche Zustände auf uns zukommen. Ich sehe mich abwechselnd mitten im Tumult, mit blutiger Nase, lauthals brüllend, weil mir ohnehin keiner zuhören will, und dann wieder sehe ich mich fluchtartig mit meiner Familie in die Schweizer Alpen auswandern.
So wichtig es ist, gerade in diesen Wochen, wachsam zu sein, ich spüre doch, dass eine gute Geschichte zu schreiben nur gelingen kann, wenn ich mich diesem Politischen, der Aktualität der Ereignisse auch wieder entziehen kann. Ich brauche eine andere, eine eigene Sprache, brauche Abstand, um die eigene, oft widersprüchliche Wahrheit hinter den vielen hinaus posaunten Wahrheiten finden zu können. Je lauter es draußen ist, umso leiser sollte ich werden, je mehr es um DIE EINE Wahrheit da draußen geht, umso mehr sollte ich die Darstellung einer einzigen Wahrheit hinterfragen.
Es wird nicht leicht sein, die Lage ist ernst. Aber ich darf es nicht verlernen, das lustvolle Spielen.