Der Tod ist für jede Beziehung ein Endpunkt, egal, wie sie war. Er ist wie ein Spiegel, ans Ende eines Lebens gestellt, in dem sich der Sterbende und du, die Person, die ihn begleitet, noch einmal anschauen können. Der Tod sagt, bleibt stehen, bis hierhin, nicht weiter. Sprecht jetzt, versöhnt euch, sofern ihr das müsst, vollendet eure Geschichte, bringt euren Bogen zu Ende.
Es kann wie im Film sein, groß und wahrhaftig, erlösend, wenn du das willst und zulassen kannst. Vielleicht ist es unzumutbar, zusammen in diesen Spiegel zu sehen. Ihr findet keine Worte, sie fehlten euch schon immer, ihr sucht nicht mehr danach. Dann ist es traurig und schmerzvoll. Dann geht ein Schweigen zu Ende. Vielleicht aber auch nicht, plötzlich öffnen sich die Lippen. Du weißt es nicht vorher.
Kann sein, dass du dem Sterbenden zu laut bist, wenn du trotz allem heiter klingen willst. Ihn interessiert jetzt das meiste nicht mehr. Kann sein, dass du den Tee zu heiß an sein Bett bringst, die Astronautennahrung noch zu kalt ist, die er in kleinen Schlückchen aufnimmt. Dass er schläft, wenn du da bist. Sein Atem unruhig wird und manchmal schon stockt. Dass du sein Jammern nicht verstehst, es dich vor ihm graust. Dass ihm das Aufrichten weh tut. Dass ihm die Frischluft zu kühl ist. Dass sein Blick zur Decke geht oder in dich hinein, so tief, dass du weinst. Kann alles sein, aber du brauchst dich davor nicht zu fürchten. Das hat mich das Sterben meines Vaters gelehrt. Ich sah dem Tod ins Gesicht und habe gelernt, mit ihm umzugehen.
Eine Geburt zu erleben, einen Sterbenden zu begleiten, – was gibt es Bedeutsameres als das zu erfahren? Es stärkt dich und verankert dich tiefer im Leben. Natürlich hast du Angst. Du weißt nicht, was zu tun ist, wie du das aushalten kannst. Aber wenn du dich drauf einlässt, kannst du nur gewinnen. Du denkst, du bist schwach, weil du die Fassung verlierst, aber du wächst. Du wächst vielleicht über dich selber hinaus. Du wirst dich verändern. Das wollte ich sagen mit NICHT GENUG.