Heute werde ich mich von drei alten Schulheften trennen. Darin hatte ich als Jugendliche und junge Erwachsene Rezepte zum Kochen und Backen gesammelt. Ich schrieb sie per Hand, von einer Tante diktiert, oder ich schnitt sie aus Zeitschriften aus. Aus Für Sie. Aus Brigitte. Aus BILD + FUNK. Mit vierzehn besuchte ich einen Kochkurs, den die Frau des Dorfarztes im Keller der Grundschule anbot. Wir waren nur Mädchen in diesem Kurs und bekamen die Rezepte auf gelbem Papier als Matrizendruck ausgeteilt. Auch die klebte ich ein.
Zerfleddert, vergilbt und mit fettigen Flecken lehnten sich die drei Hefte über Jahrzehnte an immer neuere Kochbücher an. Ich kochte nicht mehr danach, suchte allenfalls noch nach den Kuchenrezepten. Sie wegzuwerfen, kam trotzdem nicht in Frage.
Heute gebe ich sie ins Altpapier, die Rezepte aus dem letzten Jahrhundert, von denen ich manche häufig, die meisten nicht einmal ausprobiert habe. Adieu Burgunderhähnchen mit Kartoffelklößen, Cevapcici mit Reis (mit Rind-und Schweinehackfleisch), Schweinelende süßsauer, Zürcher Geschnetzeltes (mit Kalbfleisch), Jägergulasch Hubertus (mit Rind und Schwein), Salzburger Nockerln, Moussaka (mit Lammhackfleisch), Donauwelle, Bohneneintopf Jokai (mit geräuchertem Eisbein), Triester Torte, Gefüllter Schweinebauch, Kutschertopf (mit Schweinenieren), Serviettenknödel, Leberrollen (aus Rindsleber), Ochsenschwanzsuppe, Coq au Riesling, Kalte Truthahnbrust, Käsesahnetorte, Hasenrücken, Gefüllter Gänsehals, Wildpastete, Perlhühner am Spieß, Entenragout, Hirschsteaks mit Pfifferlingen, Herzragout, Schoko-Sahne-Torte, Gänsepfeffer, Schnepfen im Schnepfendreck… Adieu allesamt. Ihr hattet eure Zeit. Die Zeit der fetten Jahre. Die Zeit der Völlerei und Sorglosigkeit. Jetzt werdet ihr geschreddert, als Gehäckseltes eingeweicht und zu Klopapier verarbeitet werden.
Vier Backrezepte habe ich vorher noch abgeschrieben, in ein kleines Notizbuch:
Mamutschkas Linzertorte
Mamutschkas Quarkölteig
Mamutschkas Kirschplotzer
Mamutschkas Rhabarberkuchen